Nachlese einer Gesprächsrunde zum Prager Frühling

Ein „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ sollte das Resultat der Reformbemühungen der Kommunistischen Partei in der ČSSR mit Alexander Dubček sein. Die Garantie von Grundrechten und eine gelockerte Planwirtschaft mit mehr Freiheiten für die Betriebe ließen jedoch die Machthaber in der Sowjetunion befürchten, dass die Reformbewegung eine Sogwirkung auf die anderen Ostblockstaaten ausübt. Das stellte eine Gefahr für den  Sozialismus dar.

Die Reaktion: In der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 rücken Truppen von fünf Warschauer-Pakt-Staaten in die ČSSR ein. Als es nach dem 21. August 1968 in der DDR zu Demonstrationen und Verteilung von Flugblättern kommt, werden die Proteste durch die Sicherheitsorgane der DDR unterdrückt.

Mit seinem Impulsreferat hat der Leiter der Gedenkstätte, Dr. Daniel Bohse, die Reaktionen auf den Prager Frühling im Bezirk Magdeburg zusammengefasst. Anhand einiger Fälle aus den Archiven konnte D. Bohse anschaulich darstellen, welche Aktionen zu welchen Konsequenzen für die Betroffenen führten. So z. B. im Fall von zwei Groß Rodenslebenern, die an Hauswände „Hetz“-Parolen schrieben. Ihre Sympathiebekundungen mit den Reformern in der ČSSR hatten 2 Jahre und 6 Monate Haft für beide zur Folge.

In einer anschließenden Gesprächsrunde sind Zeitzeugen, auch aus dem Publikum, zu Wort gekommen, die die damaligen Ereignisse hautnah miterlebt haben: Das Magdeburger Pastorenehepaar Waltraut und Gerhard Zachhuber besuchte im Frühjahr 1968 Familienangehörige in der Slowakai. Mit Schwierigkeiten kamen sie zu einem Visum. Sie erlebten vor Ort die Diskussionen um die Reformen und die Hoffnungen und Ängste über den Ausgang der Ereignisse. Es waren aber auch die internen Probleme zwischen Slowaken und Tschechen spürbar, die mit dem Slowaken Dubček lösbar erschienen.

Hans-Jürgen Fink, Journalist aus Berlin weilte als damaliger Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler aus dem Westen zu Forschungstätigkeiten an der Ökonomischen Hochschule Prag (1967 bis 1968). Im Verlauf des Abends hob er die Bedeutung der Prager Frühjahrs-Ereignisse für die Friedliche Revolution 1989 hervor. Die Hoffnungen, die sich mit dem Beginn der Reformbewegung nicht nur in der ČSSR ausbreiteten, wurden bei der Niederschlagung nicht endgültig zersört. Die Menschen der DDR 1989 wollten allerdings mehrheitlich kein neues Modell einer sozialistischen Gesellschaft …

Viele Besucher erinnerten sich: an ihre Erlebnisse im Frühjahr 1968, an Inhaftierungen oder Brüche in der beruflichen Laufbahn.

„Frühlingsträume in Prag“, so titelt Hans-Jürgen Fink in der Magdeburger Volksstimme vom 08.08.2018. (Kann man hier nachlesen)

Fotos: Kordula Zollenkop