Exkursion der VOS zum Kaßberg-Gefängnis
Vom 22. bis 23. September 2025 hat die Vereinigung für Opfer des Stalinismus in Sachsen-Anhalt e.V. ihre jährliche Exkursionsfahrt durchgeführt. Das Bürgerkomitee hat mit zwei Vorstandsmitgliedern und den Mitarbeiterinnen des Dokumentationszentrums daran teilgenommen.
Die Exkursion der VOS führte am 22. September nach Chemnitz zum Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis. In den 1950er Jahren wurde das ursprünglich 1877 errichtete Gefängnis zur größten Untersuchungshaftanstalt des Staatssicherheitsdienstes in der DDR ausgebaut. Die Haftanstalt wurde zum zentralen Dreh- und Angelpunkt des Häftlingsfreikaufs aus der DDR, den mehr als 30.000 Personen durchlaufen haben. Vor Ort erhielten wir eine Führung von der wissenschaftlichen Leiterin Dr. Steffi Lehmann, die als besondere Ehrung für Zeitzeuge Wolfgang Bischoff ein Trio aus Streichern engagiert hat um die Kompositionen „Die Gedanken sind frei“ und „Ode an die Freude“ zu spielen. Alle Teilnehmer waren ob der bewegenden Darbietung am historischen Ort sehr bewegt. Im Anschluss berichtete Wolfgang Bischoff von dem persönlichen Schicksal von seinem Vater und ihm selbst. Der Vater wurde in den frühen 1950er Jahren verhaftet und in Chemnitz aufgrund von Spionagevorwürfen verurteilt. Die Familie hat ihn fortan nie wieder gesehen. Erst nach der Wiedervereinigung in den 1990er Jahren erfahren die Bischoffs, dass der Vater nach Moskau verschleppt und dort erschossen worden ist.
Am Nachmittag nahmen wir an einer geführten Stadtrundfahrt teil, die uns Teile der Altstadt von Chemnitz mit Justiz-Viertel auf dem Kaßberg sowie dem sieben Meter hohen Monument von Karl Marx (unter Chemnitzern als „Kopp“ bekannt) zeigte. Den Abend haben wir bei interessanten Gesprächen und einem gemeinsamen Essen ausklingen lassen.
Am 23. September erhielten wir eine Führung in der Runden Ecke in Leipzig. Das sächsische Bürgerkomitee hatte 1989 die Bezirksverwaltung besetzt und die Aktenräume versiegelt. Heute ist dort eine kleine, aber dennoch umfangreich Ausstellung im Erdgeschoss zu besichtigen. Im gleichen Haus sitzt aus das Bundesarchiv mit dem Stasi-Unterlagen-Archiv Leipzig, bei der die Beantragung der Einsicht in die Stasi-Unterlagen möglich ist.
Wir bedanken uns bei den Organisatoren der Exkursion und ganz besonders bei den Mitarbeitern des Lern- und Gedenkortes Kaßberg-Gefängnis für ihre unschätzbar wichtige Arbeit am historischen Ort.
Fotos: Anna Skiba